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Eine Gruppe von Blinden sollte einen Elefanten kennenlernen. Da sie ihn nicht sehen konnten, durften sie ihn ertasten. Dann tauschten sie ihre Erfahrungen aus:

"Ein Elefant ist eine große, stämmige Säule", sagte einer, der ein Bein ertastet hatte. "Ein Elefant ist wie ein Glockenseil", sagte ein anderer, der den Schwanz ertastet hatte. Und ein dritter - er hatte den Rüssel berührt - sagte: "Ein Elefant ist ein großer, kräftiger Schlauch."

Sie hatten alle recht und unrecht zugleich. Erst, wenn man ihre Erfahrungen wie ein Mosaik zusammenfügte, entstand das Gesamtbild eines Elefanten.

Wie diese Blinden sind wir, wenn wir nach Franz von Assisi und seiner Spiritualität tasten. Wir ertasten vieles. All das stimmt. Aber es wird falsch, wenn wir einzelne Aspekte absolut setzen und uns gar darüber zerstreiten. Das Bild des Franz von Assisi ist wie ein Mosaik, zusammengesetzt aus vielen Steinen.

Solche Mosaiksteine wollen wollen die Gedanken sein, die in dieser Rubrik zu finden sind.




F r a n z  v o n  A s s i s i 


„Warum dir? Warum dir? Warum dir?“ - so fragte nach der Legende Bruder Masseo den hl. Franziskus. Der fragte zurück: „Was willst du damit sagen?“ Bruder Masseo: „Ich frage, warum gerade dir alle Welt nachläuft und jedermann  nur dich sehen, dich hören, dir gehorchen will? Du bist nicht schön, du bist nicht gelehrt, du bist nicht edel; warum also läuft dir alle Welt nach?“


Wer ist dieser Franziskus? Diese Frage bewegte auch Papst Innozenz III., als 1209 Franziskus mit seinen ersten zwölf Brüdern zu ihm kam, um sich ein Leben nach dem Evangelium offiziell von der Kirche bestätigen zu lassen. Wer also ist dieser Franzis-kus? Zunächst einige Daten seines Lebens:

Franziskus von Assisi / Lebensdaten

1181 / 1182 geboren als Giovanni Bernardone zu Assisi als Sohn des reichen Tuchhändlers Pietro Bernadone und sei-ner Frau Pica. Als Jugendlicher ist er Anführer der Jugend Assisis.

1202/1203 Teilnahme am Krieg zwischen Perugia und Assisi; Gefangenschaft in Perugia, Krankheit: ein Jahr des Suchens beginnt während dieser Zeit.

1205 Zug nach Apulien; Umkehr in Spoleto

1206 Franziskus gewinnt Klarheit über seine Berufung.  Er bricht mit dem Vater; es kommt zu einer dramati-schen Szene vor dem Bischofspapalast: Franziskus zieht sich nackt aus und dokumentiert seine radikale Hinwendung zur Armut

1209 von der Aussendung der Apostel in Portiunkula; die ersten Brüder sammeln sich um Franziskus

1210 (1209) Mündliche Bestätigung der Urregel der „Minderen Brüder” durch Papst Innozenz III.

1217 Pfingstkapitel bei Portiunkula; Aussendung der Brüder in alle Welt und Einteilung des Ordens in Provinzen

1218 Reise nach Ägypten und in den Orient; Predigt vor Kreuzfahrern und dem Sultan

1221 Pfingstkapitel bei Portiunkula; Mission nach Deutsch-land

1223 am 29. September Bestätigung der Ordensregel durch Papst Honorius III.; mittlerweile fast 4000 Brü-der

1224 am 17. September Stigmatisation auf dem Berg Al-verna

1225 Krank und fast blind dichtet Franziskus den Sonnen-gesang, den Lobpreis auf Gottes Schöpfung

1226 am 3. Oktober abends stirbt Franziskus

1228 am 16. Juli Heiligsprechung in Assisi

1230 am 25. Mai Beisetzung in San Francesco


AKZENTE DER SPIRITUALITÄT DES FRANZISKUS


1. Für Franziskus wurde die Begegnung mit einem Aussätzigen zum Schlüsseler-lebnis. 

Auf dem Wege zu den Kunden seines Vaters stieß der junge Kaufmannssohn auf einen der vielen Ausgestoßenen, außerhalb der sichernden Stadtmauern, stieg vom Pferd und übergab ihm die Münze mit einem Kuss. im Testament schreibt er, es sei ihm unerträglich bitter erschienen, Aussätzige auch nur anzusehen; dieser Schritt aber habe ihm Leib und Seele mit übergroßer Freude erfüllt.


2. Als er vor dem bischöflichen Gericht von Assisi seinem Vater seine Kleider zurückgab und sich nackt in den Mantel des Bischofs hüllen ließ, hat er sich mit Entschiedenheit zu „seinem Vater im Himmel“ bekannt. 

Damit hat er menschliche Bindungen nicht undankbar zerschneiden wollen, wohl aber Bürgerstolz und Reichtum abgeschworen und die verwandtschaftlichen Bezie-hungen des Menschen zu Gott für sich neu entdeckt.


3. Gänzlich unerwartet auch sein Verhalten während des Kreuzzugs in Ägypten 1219: Franziskus begibt sich mitten durch die Reihen der Kämpfenden hindurch, tritt vor den Sultan Mel ek-el-Kamel und beginnt mit dem gebildeten und toleranten Hei-den ein Religionsgespräch, in dem er die Wahrheit des Evangeliums herausstellt, ohne die Waffe als Argument gutzuheißen. 

Unter dem Eindruck dieser Begegnung schärft Franziskus seinen Brüdern sogar ein, sie sollten das Evangelium nur verkünden, falls es ihnen als wohlgefällig erscheine, im übrigen aber sollten sie ohne Zank und Streit sich mitten unter den Menschen dieser Welt als Christen bekennen und Brüder aller Menschen sein. (nicht best. Re-gel, Kap. 16).


4. Als der junge Franziskus in der verfallenen Kapelle San Damiano vor dem Kreuzbild um Klarheit für seinen Weg betete, hörte er den Gekreuzigten sagen „Geh hin und stelle mein Haus wieder her!“ 

Mit einem Blick für das Nächstliegende und Praktische und mit natürlicher Bega-bung zur Geradezu szenischen Darstellung besserte Franziskus Mauer und Dach aus und erkannte beim Tun, dass die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden ge-meint sein. Sie zu reformieren, begann er bei sich selbst. Der Kittel der Bauern und Hirten, geschnitten in der Form des Kreuzes, war ihm Äußeres Zeichen der Armut und Solidarität mit den Armen auf seinen Wanderwegen als Künder des Evangeli-ums.


5. Den Strapazen dieses Wanderlebens ausgesetzt und auf die Güte der Menschen angewiesen, entwickelte Franziskus die Fähigkeit, sich auf unterschiedliche Men-schen und wechselnde Situationen einzulassen. Selbst schwere Krankheit und Ent-täuschung über Unverständnis und mangelnde Liebe vermochten diesen Franziskus in seiner positiven Zuwendung zur Welt als Schöpfung Gottes nicht zu schwä-chen. Wenn er im „Sonnengesang“ Gott für die Schönheit und die Nützlichkeit seiner Geschöpfe preist, unterstellt er sich mit seiner ganzen Existenz in der Ge-meinschaft seiner Brüder und Schwestern als „unnützer Knecht“ dem „höchsten, allmächtigen Gott“ und wagt zugleich mit unnachahmlicher Einfalt und ganz uner-hört in der Geschichte der Frömmigkeit, sich als Bruder der Geschöpfe und gar als Bruder des gekreuzigten Bruders Christus zu verstehen.


6. Franziskus hat die Spuren Gottes in der Schöpfung erkannt, aber auch die Gegen-wart des Gottessohnes selbst in der Geschichte lebendig nacherlebt: 


im Wald von Greccio inszenierte er ein erste Krippenfeier; auf dem Berg Alverna empfing er die Wundmale des Gekreuzigten, und in der Eucharistie feierte er die „erhabene Demut“ Gottes mitten unter den Menschen. Krippe, Kreuz und Altar sind die zentralen Symbole seiner lebendig-anschaulichen Theologie.


7. Nach einigen Jahren seines neuen Lebens hat er sich die ganz grundsätzliche Frage gestellt, ob er ein Leben der Kontemplation und Meditation in der Einsamkeit führen solle, oder ob er zum Apostolat der Wortverkündigung berufen sei. 

Von seinen Brüder und den Schwestern der hl. Clara im Gebet unterstützt, fand Franziskus mit Gottes Hilfe die Antwort, dass er das Wort Gottes verkündigen solle: „Euer Kloster ist die Welt!“ Freilich speiste sich seine bewusste Zuwendung zur Welt aus den Quellen des Gebetes und der Meditation.

(Diese 7 Punkte sind einem Manuskript entnommen, das die Arbeitsgemeinschaft „INFAG-pädagogisch“ vor Jahren als Bei-lage zu den „INFAG-Nachrichten“ veröffentlicht hat.)


Schält man aus solchen Schlaglichtern des Franziskuslebens Akzente heraus, stößt man gleichzeitig auf Leitfäden franziskanischer Identität durch die Jahrhunderte:

> arm und einfach leben

> als Bruder leben und den Menschen Bruder  sein

> Gott intensiv verbunden

> missionarisch (erste Ordensregel mit einem  Kapitel zum Thema Mission)

> gewaltlose Friedensvermittler

> spontane Bereitschaft, das Nächstliegende zu tun

Bruder der Schöpfung sein

> Christusförmig werden

> mitten in der Welt leben – und 

> in Einsiedeleien leben 

> in der Kirche leben – in einer Kirche, die in der Gestalt des Bischofs den Mantel um ihn legte, die in der Gestalt des Papstes es sogar wagte, zu träumen!

                                                                    Heribert Arens

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