Geistliche Impulse



Gedanken zum Jahresschluss und zum neuen Jahr

7 Leitsätze für 2022


Diese Leitsätze habe ich entwickelt zum Jahreswechsel 2020/2021 angesichts der Corona-Pandemie. Damals hätte ich kaum geglaubt, dass sie auch beim Jahreswechsel 2021/2022 noch aktuell sind.

Bei aller Existenzangst vor Konsequenzen der Pandemie: es gab in diesem Jahr auch wertvolle Erfahrungen. Diese Erfahrungen möchte ich nicht so schnell verlieren. Darum nehme ich sie als Leitsätze mit in das neue Jahr 2021.

 

1.    Ich gehe mit dem Vertrauen auf den Gott des Lebens in das neue Jahr.

Die wichtigste Erfahrung des vergangenen Jahres bringt der Apostel Paulus für mich auf den Punkt, wenn er im 2. Korintherbrief viel Durchlittenes aufzählt und im Blick auf all das schreibt: „…und seht, wir leben!“ (2 Kor 6,9). Selbstverständlich ist es nicht, dass wir leben! Manch einer hat vielleicht mit neuer Intensität erlebt, was für ein Geschenk das Leben ist. Wir können vieles für Gesundheit und Lebensqualität tun. Ob es gelingt, liegt nicht in unserer Hand. Darum will ich das neue Jahr als ein Geschenk Gottes ansehen und jeden neuen Tag genießen. Ich will das Vertrauen pflegen, dass Gott an meiner Seite geht: oft unerkannt, oft so, dass sein Dasein mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Vielleicht ist er auch an meiner Seite wie der Auferstandene zwischen den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus: Sie erkannten ihn nicht. Er ging an ihrer Seite. Ihnen brannte das Herz. Später erst, als er das Brot brach, erkannten sie ihn.

Auf jeden Fall: ich lebe! Darum kann ich dieses neue Jahr beginnen.


2.    Ich will mir Zeit nehmen für mich selbst und für die Menschen, die zu mir gehören.

Auch wenn es mit der Zeit vielleicht anstrengend wurde, es war wertvoll, nicht vor mir selbst wegzulaufen, es bei mir selber auszuhalten. Vielen war es wertvoll, bei ihrer Familie zu sein, Zeit zu haben für die Frau, den Mann, die Kinder. Es tat gut, Zeit miteinander zu verbringen. Es hat das Vertrauen gestärkt, dass wir gemeinsam stark sind, dass es gemeinsam mehr Freude macht: es tut einfach gut, nicht allein durchs Leben zu gehen. Mancher hat seine Familie und auch sich selbst ganz neu entdeckt. Das möchte sie, möchte er, das möchte ich aus dieser Krise in die neue „Normalität“ (wenn sie denn kommt), in das neue Jahr hinüberretten und lebendig erhalten!


3.    Ich will respektvollen Abstand halten und gleichzeitig Nähe zeigen.

„Abstand halten“ – das war für mich sehr gewöhnungsbedürftig, in der Kirche genauso wie an der Kaufhauskasse. Wie wichtig und Leben-rettend das sein kann, ist mir erst in der Krise bewusst geworden. Nicht nur in Coronazeiten ist es gut, wenn man sich nicht zu nah „auf die Pelle rückt“. Mit Abstand sehe ich den anderen besser. Mit Abstand reiße ich ihm den Zaun seiner persönlichen Sphäre nicht ein. Distanzlose Menschen sind oft nur schwer zu ertragen. Nicht zu vergessen: Manchmal muss man sich auseinander-setzen, auf Abstand gehen, um sich neu zu finden. Manchmal denke ich: Ob Gott sich wohl deshalb so oft auf Abstand hält, damit er uns nicht zu sehr „auf die Pelle rückt“, damit wir Freiheit zum Leben behalten?


4.    Ich möchte eine große Wertschätzung behalten für Menschen in Berufen, die sich für andere viel gefallen lassen.

Durch die Coronakrise sind manche Berufe ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt, die sonst kaum beachtet sind, die zum Teil auch durch sündhaft schlechten Lohn missachtet werden. Dem Pflegepersonal in Krankenhäusern und Seniorenheimen wurde Applaus geklatscht. Kassiererinnen im Supermarkt erhielten kleine Geschenke als Anerkennung. Die Polizei, Rettungsdienste, LKW-Fahrer für den notwendigen Nachschub und Müll-Entsorger wurden mehr als sonst be- und geachtet. Manche Berufe bekamen eine Sonderzuwendung für ihren aufreibenden Dienst. Aber sie alle sind Frauen und Männer, die nicht nur zur Coronazeit in Treue ihren oft aufreibenden Dienst tun. Ob sich Politik und Wirtschaft auch nach Corona noch dafür interessieren, dass sie gerechten Lohn verdienen und dadurch auch Wertschätzung erfahren? Ich jedenfalls möchte solche Wertschätzung mit in das neue Jahr nehmen.


5.    Ich möchte das Gespür für Solidarität mit ins neue Jahr nehmen.

Viele haben In diesem Jahr Solidarität gezeigt. Beim Gang durch die Stadt fand ich Plakate, auf denen sich junge Menschen anboten, für die einzukaufen, die das Haus nicht verlassen durften oder konnten. Ich habe von Aktionen gehört, die Menschen mit Lebensmitteln versorgten, weil die Tafeln geschlossen werden mussten. Sehr viele, die nicht zu einer Risikogruppe gehörten, haben sich, solidarisch mit Menschen aus Risikogruppen wie zum Beispiel alten Menschen, an die Regeln gehalten. Nichtsesshafte und Obdachlose waren besonders darauf angewiesen, dass man sie wahrnimmt und ihnen unter die Arme greift: mit Lebensmitteln, mit Hygieneartikeln und einem freundlichen Lächeln. Solches und vieles mehr, oft ganz still und unauffällig angeboten, hat manchem geholfen, die Pandemie bis heute zu überstehen. Was mich sehr bewegt ist die Frage: Werden die starken Länder Europas solidarisch mit den Schwächeren sein, wenn es gilt, den Wiederaufbau nach der Pandemie anzupacken? Alles andere wäre eine Bankrotterklärung für die europäische Idee und eine Schande.


6.    Ich will die Erinnerung an den Verzicht dieses Jahres in das neue Jahr mitnehmen.

Durch Verzichten habe ich neue Wertschätzung gelernt.  Auf vieles mussten wir in diesem Jahr verzichten, auch im Bereich des Religiösen: Wir mussten auf Gottesdienste verzichten, sogar am Osterfest. Mir hat das bewusst gemacht, welch ein Geschenk der Gottesdienst ist, der mir so selbstverständlich geworden war. Im Gottesdienst mussten wir, als er wieder möglich war, auf Nähe verzichten, auf Zeichen wie den Friedensgruß, auf Gesang.  Dieser Verzicht hat mich gelehrt, wie wertvoll das alles ist. Wertschätzung für Selbstverständliches möchte ich mitnehmen ins neue Jahr.


7.    Ich wünsche mir, dass die vielerorts aufgeblühte Kreativität bleibt.

Diese Krise hat viel Kreativität aufblühen lassen. Was ist Menschen nicht alles eingefallen, um Lebendigkeit und Lebensmut in der Zeit der Lebensbedrohung lebendig zu halten! Kinder haben für Alte gemalt. Eltern haben mit ihren Kindern Steine bemalt und als „Steinschlangen“ Wegränder damit geschmückt. Balkone wurden zu Konzertbühnen: ganze Straßenzüge haben auf dem Balkon oder am offenen Fenster gesungen. Künstler haben sich per Videoschaltung verbunden, musiziert und diese Musik zur Freude vieler über das Internet verbreitet. Autokinos wurden zu Gottesdienstorten oder zum Ersatz für die Aula, um die Abiturzeugnisse zu überreichen, und, und, und…

Wie schön wäre es, wenn viele von uns so kreativ blieben!

Gute Erwartungen

2020 war für viele ein schmerzliches Jahr mit schmerzlichen Verlusterfahrungen, mit Zumutungen. Aber es war auch ein Jahr positiver Überraschungen und kreativer Wege, die mich das Leben ganz neu entdecken ließen. Und darum gehe ich mit Gott in das neue Jahr, weil ich ihn auch hinter den positiven Erfahrungen des letzten Jahres zu entdecken glaube. Darum möchte ich auch 2021 ein Christ sein, wie ihn der evangelische Theologe Ernst Lange charakterisiert hat: „Christen sind Menschen, die sich nicht von ihren schlechten Erfahrungen leiten lassen, sondern von ihren guten Erwartungen.“

Heribert Arens in der Zeitschrift "Der Prediger und Katechet,, 1, 2020/2021

Zum Jahreswechsel

 „In deiner Hand steht meine Zeit“ / Psalm 31,16

 

Ich schaue zurück auf 12 Monate – den wiederkehrenden Kreislauf

          das Neuwerden im Frühling

          das Wachsen und Reifen im Sommer

          das Ernten im Herbst

          das Ruhen und Warten im Winter

 

Ich schaue zurück auf 52 Wochen – den Wechsel

          von Freude und Trauer

          von Zuversicht und Mutlosigkeit

          von Fülle und Leere

          von Arbeit und Erholung

 

Ich schaue zurück auf 365 Tage – gefüllt mit

          Gespräch und Wortlosigkeit

          Gesundheit und Krankheit

          Versöhnung und Auflehnung

          Hoffnung und Verzweiflung

 

Ich schaue zurück auf 8.760 Stunden –

          Stunden von Frohsinn und Traurigkeit

          Stunden von Stärke und Versagen

          Stunden von Verstehen und Fragen

          Stunden von Geborgenheit und Trostlosigkeit

          Stunden von Dankbarkeit und Enttäuschung

 

Ich schaue zurück auf 525 600 Minuten –

          Minuten – gefüllt oder verschwendet

          Minuten – befreiend oder einengend

          Minuten – entscheidend oder verpasst

          Minuten – …

 

Ich schaue zurück auf 31 536 000 Sekunden

          jede Sekunde – ein Herzschlag

           jede Sekunde – ein neuer Anfang

          jede Sekunde – von Gott geliebt

          jede Sekunde …

 

Ich schaue voraus auf das neue Jahr

     mit dem VERTRAUEN

          getragen von der  HOFFNUNG

                „In deiner Hand steht meine Zeit“

 Sr. Martino Machowiak cps

2021

Gedanken zum Advent

Alles beginnt mit der Sehnsucht

Alles beginnt mit der Sehnsucht

Alles beginnt mit der Sehnsucht,

immer ist im Herzen Raum für mehr,

für Schöneres, für Größeres.

Das ist des Menschen Größe und Not:

Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe.

Und wo Sehnsucht sich erfüllt,

dort bricht sie noch stärker auf.

Fing nicht auch deine Menschwerdung Gott,

mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an ?

So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,

dich zu suchen,

und lass sie damit enden,

dich gefunden zu haben.

                                                        Nelly Sachs


Herr, wir warten...


Herr, wir warten auf dein Kommen!

Manchmal tasten wir uns bang

durch die Tage unsres Lebens

wie durch einen dunklen Gang.

          Herr, wir warten auf dein Kommen!

         Oft schon sind wir ganz verzagt,

         zweifeln, ob sich wird erfüllen,

        was du zugesagt.

Herr, wir warten auf dein Kommen!

Wann bricht deiner Zukunft Schein –

Zukunft, die die Welt verändert –

in die Dunkelheit hinein?

          Herr, wir warten auf dein Kommen!     

          Gib, dass jeder, wo er ist,

          spüren mag schon hier und heute,

         dass du, Herr, im Kommen bist.  Verfasser unbekannt


Wachet auf, ruft uns die Stimme


Pfarrer Philipp Nicolai ist der Dichter des Liedes „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. Blättert man in seinem Leben, gab es dicht aufeinander schwere Schicksalschläge, die Auslöser zu den Liedern gewesen sein könnten:

Im Herbst 1596 war er auf eine der beiden Pfarrstellen im westfälischen Unna berufen worden. Kaum dort, starb seine Schwester, die ihn versorgt hatte. Sie war kaum verstorben, da brach die Pest aus. Auf dem Kirchhof gleich hinter seinem Haus hatte er oft 20 bis 30 Beerdigungen an einem Tag. Vom Sommer 1597 bis zum Frühjahr 1598 raffte die Seuche 1.400 Menschen dahin.

Der Glaube an den Auferstandenen wurde zum Kern seiner Verkündigung und Seelsorge. Was hätte er auch einer Mutter sagen sollen, deren Kind an der Pest starb, oder einem Kind, das seine Eltern verlor! Das Leid anderer mittragen und nicht wissen, wann er dran ist, wurde für ihn zu einem Weckruf.

Aber das Leid für Philipp Nicolai nahm noch kein Ende. Die Pest war abgeklungen. Im Winter 1598/99 wurde bekannt: Spanische Reiter des kaiserlichen Heeres werden ihr Quartier in Unna aufschlagen. Nicolai wurde steckbrieflich als Papst-Hasser gesucht. Er floh. Das war schon das zweite Mal, dass er vor den kaiserlichen Truppen fliehen musste. Er flüchtete zur Grafenfamilie nach Waldeck, wo er vorher Erzieher des Grafensohnes gewesen war. Kaum war er dort, starb sein geliebter Schüler. Das war der härteste Schlag für ihn.

Doch als die Not für ihn am größten wurde, kam Gott ihm am nächsten. Man kann es mit dem Abstieg Jesu in das Reich des Todes vergleichen: Wäre Jesus nicht dorthin hinabgestiegen, wäre es zu keiner Auferstehung gekommen. So musste auch Philipp Nicolai die tiefsten Tiefen durchmessen, bevor er zu den „königlichen“ Liedern inspiriert wurde, die Generationen von Menschen getröstet haben.

 Er selbst schreibt dazu: In der Zeit der schweren Prüfungen habe er den Glaubensartikel vom ewigen Leben, die Bibel und die Schriften „des alten Lehrers St. Augustin“ gründlich durchforscht. Er folgerte daraus, die Ankunft des Bräutigams für seine Braut, die Kirche, sei ein Ereignis, auf das im Glauben Vorbereitete und mit guten Taten Gerüstete freudig zugehen. Mit seinem Lied „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ knüpfte er an den Vers aus dem Gleichnis Jesu an: Mitten in der Nacht aber hörte man plötzlich laute Rufe: Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen! (Mt 25,6)

 Diesen Ruf formte er zu den Worten:

             „Wachet auf“, ruft uns die Stimme
             der Wächter sehr hoch auf der Zinne,
             wach auf, du Stadt Jerusalem.“
             Mitternacht heißt diese Stunde,
             sie rufen uns mit hellem Munde:
            Wo seid ihr klugen Jungfrauen?
           Wohlauf, der Bräutgam kommt;
           steht auf, die Lampen nehmt.
          Halleluja.Macht euch bereit 
          zu der Hochzeit,
         ihr müsset ihm entgegengehn.“   




Gedanken zu Weihnachten

... dann erst ist Weihnachten


In einem alten irischen Lied heißt es:

Wenn der Gesang der Engel verstummt ist,
wenn der Stern am Himmel untergegangen,
wenn die Könige und Fürsten heimgekehrt
wenn die Hirten mit ihrer Herde fortgezogen sind,

dann erst beginnt das Werk von Weihnachten:

die Verlorenen finden,
die Zerbrochenen heilen,
den Hungernden zu essen geben,
die Gefangenen freilassen, die Völker aufrichten,
den Menschen Frieden bringen,
in den Herzen musizieren. 




Blick nach Bethlehem


Lasst uns den Blick wenden,

der, vom Alltag gehetzt,                                                                                               

nicht Ruhe findet,

nach Bethlehem.

 

Lasst uns den Blick wenden

der angsterfüllt

in die Zukunft starrt,

nach Bethlehem.

 

Lasst uns den Blick wenden,

der mit Sorge beladen

zur Erde gekehrt,

nach Bethlehem.

 

Lasst uns den Blick wenden

zu jenem Kind,

das uns Hoffnung bringt,

nach Bethlehem.

                                  Marlies Böhm



Weihnachten der Tiere

 oder

 Was ist das Wichtigste an Weihnachten


 Die Tiere diskutierten einmal über Weihnachten. Sie stritten, was wohl die Hauptsache an Weihnachten sei.

 "Na klar, Gänsebraten", sagte der Fuchs, "was wäre Weihnachten ohne Gänsebraten!"

 "Schnee", sagte der Eisbär, "viel Schnee!" Und er schwärmte verzückt: "Weiße Weihnachten feiern!"

 Das Reh sagte: "Ich brauche aber einen Tannenbaum, sonst kann ich nicht Weihnachten feiern."

 "Aber nicht so viele Kerzen", heulte die Eule "schön schummrig und gemütlich muss es sein. Stimmung ist die Hauptsache!"

 "Aber mein neues Kleid muss man sehen", sagte der Pfau "Wenn ich kein neues Kleid kriege, ist für mich kein Weihnachten."

 "Und Schmuck, "krächzte die Elster, "jede Weihnachten kriege ich was: einen Ring, ein Armband, eine Brosche oder eine Kette, das ist für mich das Allerschönste."

"Na, aber bitte den Stollen nicht vergessen ", brummte der Bär, "das ist doch die Hauptsache, wenn es den nicht gibt und all die süßen Sachen, verzichte ich lieber auf Weihnachten."

 "Mach's wie ich", sagte der Dachs, "pennen, pennen, das ist das Wahre an Weihnachten, mal richtig ausschlafen!"

 "Und saufen", ergänzte der Ochse, "mal richtig einen saufen und dann pennen..."  ...dann aber schrie er "Aua!!;

denn der Esel hatte ihm einen gewaltigen Tritt versetzt:

"Du Ochse, denkst du denn nicht an das Kind?" Da senkte der Ochse beschämt den Kopf und sagte: "Das Kind, ja das Kind, das Kind ist die Hauptsache."

 "Übrigens", fragte der Esel: "Ob das auch die Menschen wissen??"

                                                                                      Verfasser unbekannt


Was von Weihnachten bleibt

Was bleibt von Weihnachten? Was geht von diesem Fest mit in den Alltag?

Wir haben die Geburt eines Kindes gefeiert, nicht irgendeines Kindes, sondern die Geburt Jesu, in dem Gott in der Welt erschienen ist. Dieses Kind wurde im Stall geboren. Seine Wiege war eine Futterkrippe. Die Umstände sind anders als beim kleinen Prinzen George in London. Der ist in allen Hochglanzmagazinen zu bewundern. Alle Welt wollte und will ihn sehen. Zum Kind in der Futterkrippe kamen kleine, einfache Leute wie die Hirten. Ochs und Esel, Schafe und Kamele – und alle, die wir gern so betiteln, sind in seine Nähe eingeladen. Ihnen allen ist in diesem Kind der Heiland geboren.

Das ist wesentlicher Teil der Botschaft von Weihnachten: Gott ist an der Seite der kleinen, der einfachen Leute. Diese Zusage hält sich im Leben Jesu durch – von der Krippe bis zum Kreuz. Gerade die Heillosen, die Armen, die Verachteten finden ihn an ihrer Seite. Die „da oben“ müssen einen weiten Weg gehen wie die drei Könige. Und sie müssen ihre oft selbstgebastelten Kronen ablegen, klein und demütig werden. Dann finden sie das Kind. Dann begegnet ihnen in diesem Kind Gott.

Ich wünsche mir, dass das von Weihnachten bleibt: eine Kirche und eine Gesellschaft, denen kleine Leute, Arme, Flüchtlinge, Asylsuchenden, die alles verloren haben, nicht gleichgültig sind.

Ich wünsche mir eine Kirche und eine Gesellschaft, in der sich keiner so aufspielt, als wäre er/sie der liebe Gott persönlich. Leider gibt es bei uns viel zu viele „kleine Herrgötter“. Sie meinen, sie müssten etwas Besseres sein. Sie vergleichen sich mit anderen, schätzen andere gering, glauben ein Recht zu haben, auf andere herabzusehen. Die haben wenig begriffen von der Geburt im Stall.

Ich bekam einen Weihnachtsgruß, auf dem gedruckt stand: „Der Mensch GERNEGROSS – Gott gerneklein“ Die Geburt im Stall setzt ein Zeichen gegen die „kleinen Herrgötter!“ Wo sie die Welt beherrschen, wird es menschenunfreundlich, denn kein Mensch hat das Format zum Herrgott. Wo Menschen sich auf den „gerneklein-Gott“ einlassen und vor ihm die Knie beugen, da wird die Welt menschlich, weil sie göttlich wird. Das gibt nicht nur Gott den Platz in der Welt, die ihm zusteht, es reduziert auch den Menschen auf den Platz, der ihm zusteht.

Das besingt Maria im Loblied des Magnifikat: „Du hast auf meine Niedrigkeit geschaut! Du stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöhst die Niedrigen. Die Reichen lässt du leer ausgehen, die Hungernden erfüllst du mit deinen Gaben.“

Ich wünsche mir, dass das von Weihnachten bleibt: die Erinnerung an die Geburt Gottes im Stall.

                                                                                                                                                                                                                                                                                        P. Heribert Arens


Franziskus feiert Weihnachten in Greccio

Drei Jahre vor seinem Heimgang beschloss er, bei dem Dörfchen Greccio das Fest der Geburt des Jesuskindes mit aller Feierlichkeit zu begehen, um die Andacht zu ihm neu zu beleben. Dazu erbat er sich vom Papst die Erlaubnis. Dann ließ er eine Krippe herrichten, Heu herbeibringen und Ochs und Esel dorthin führen.

Die Brüder werden herbeigerufen, das Volk strömt herzu, und der Wald hallt wider von ihren Gesängen. Jene denkwürdige Nacht wird durch den Lichtschein vieler Fackeln und den wohlklingenden Lobgesang zum strahlenden Fest. Der Gottesmann stand voll heiliger Ergriffenheit bei der Krippe, er weinte vor übergroßer Freude.

Über der Krippe wurde ein feierliches Hochamt gefeiert, und Franziskus sang als Diakon das heilige Evangelium. Dann predigte er dem umstehenden Volk von der Geburt des armen Königs; und wenn er ihn nannte, sprach er mit zärtlicher Liebe von dem Kind aus Bethlehem.

Der Herr Johannes von Greccio, ein untadeliger und glaubwürdiger Ritter, der um der Liebe Christi willen dem irdischen Ritterdienst entsagt hatte und dem Gottesmann in herzlicher Freundschaft verbunden war, versicherte, er habe in der Krippe ein überaus schönes Kind liegen sehen, das schlief; Franziskus habe es in seine Arme geschlossen und aus dem Schlafe geweckt. Diese Vision des frommen Ritters verdient nicht nur Glauben aufgrund seiner Heiligmäßigkeit, sondern aufgrund der dadurch zum Ausdruck gebrachten Wahrheit. Denn das Beispiel des Franziskus, das die Welt sah, weckte wirklich die Herzen der Menschen auf, in denen der Glaube an Christus starr daniederlag. Und das Heu aus der Krippe, das vom Volk aufbewahrt wurde, brachte dem kranken Vieh wunderbare Genesung und hielt andere schlimme Seuchen von ihm fern.

                                                                                                                                                                                                            (aus: Bonaventura, das große Franziskusleben, 7)


Gedanken zum Osterfest



 „Gott ist immer für eine Überraschung gut“

Wenn Sie Eigenschaften Gottes aufzählen sollten, welche würden Sie nennen? Aus dem Katechismus erinnern Sie sich vielleicht an Antworten wie: heilig, groß, erhaben, allmächtig.  Im Blick auf Jesus kommen mir Eigenschaften in den Sinn wie: gütig, barmherzig, liebevoll, menschenfreundlich.

Würden Ihnen auch Eigenschaften einfallen, wie die folgenden: überraschend, schöpferisch, fantasievoll, befreiend?

Manchmal frage ich mich: Ist uns Christen eigentlich die Ungeheuerlichkeit dessen bewusst, was wir zu Ostern feiern: Ein Toter verlässt sein Grab und lebt!? Das stellt die Welt auf den Kopf! Wer außer Gott könnte auf eine solche Idee kommen? Wir sind doch wahrscheinlich eher geneigt zu sagen: „Unmöglich! Das gibt’s doch gar nicht!“

Doch obwohl viele „unmöglich“ sagen, singen sie im Brustton der Überzeugung: „Preis dem Todesüberwinder“ und bekennen: „Ich glaube an die Auferstehung der Toten!“ Ist uns bewusst, was wir da singen und bekennen? 

Die Osterbotschaft ist vielen fast schon zur Selbstverständlichkeiten geworden, obwohl sie  doch Unglaubliches besagt, was dem Verstand kaum fassbar ist. Zu Ostern feiern wir Christen, dass unser Gott immer für eine Überraschung gut ist, Wege und Auswege weist, wo wir mit unserem Latein am Ende sind. Das ist alles andere als selbstverständlich! 

Antworte ich auf diese „Nicht-Selbstverständlichkeit“ mit Liedern und Worten oder mit meinem Leben? Macht mich der Osterglaube mutig, optimistisch, fantasievoll? Lässt mich die Auferstehung Jesu Wege suchen, die neu sind, die befreien, wo Leben festgefahren ist? 

Bedenke ich, wie revolutionär das Ostergeheimnis in der Mitte meines Glaubens ist, bin ich manchmal enttäuscht, wenn ich die Ängstlichkeit vieler Christen sehe und derer, die sie leiten: ihre Mutlosigkeit, ihre Fantasielosigkeit, ihre Angst vor neuen Wegen, ihre Angst vor der jungen Generation und ihren Ausdrucksformen, ihre Angst, Scheitern als Teil des Lebens anzunehmen und Gescheiterte zu integrieren. Das passt so gar nicht zu unseren ach so mutigen österlichen Worten und Liedern.

Manchmal habe ich den Eindruck: mit einem Christus im Grab fühlen sich Christen sicherer als mit dem anstrengenden Auferstandenen, dem Unruhestifter.

Darum wünsche ich mir zu Ostern mutige Christen, die dem Leben, der Zukunft trauen, die das Wort „unmöglich“ in Frage stellen, die schöpferisch denken, die nach Wegen suchen für das Geschenk des Lebens, weil Gott das Leben ist, die dem Unbekannten, dem Neuen trauen - weil ihnen darin der Auferstandene begegnen kann – wie Maria Magdalena in der fremden Gestalt des Gärtners, wie den beiden auf dem Weg nach Emmaus in dem Unbekannten. 

Ein wahrhaft österliches Wort stammt von dem irischen Schriftsteller George Bernhard Shaw: „Manche Leute sehen Dinge und fragen „Warum?“ - ich träume von Dingen, die es nie gab, und frage: „Warum eigentlich nicht?“ Ich wünsche Ihnen ein mutiges, Leben bejahendes Osterfest!     P. Heribert Arens


Thematische Impulse

Mosaiksteine zu Ostern“

  • Gerade auch angesichts des Todes, der nach menschlichem Ermessen absoluten Grenze des Lebens, tasten die Finger unserer Sehnsucht nach Leben!
  • Deine Sehnsucht will sich nicht mit der Sinnlosigkeit abfinden. Deine Sehnsucht ist nicht bereit, das Leben als Fragment hinzunehmen. Deine Sehnsucht bohrt: Es muss vollendet werden, was nur in Sinnlosigkeit zu Ende gegangen ist! Es muss doch wei-tergehen. Das darf doch nicht das Ende sein!
  • Denen, die Angst haben müssen davor, dass das Leben nach dem Tod weitergeht, ist Ostern eine Einladung: Du hast es selbst in der Hand. Lebe verantwortlich in der Welt, dann brauchst du das DANACH nicht zu fürchten.
  • Angesichts unserer Sehnsucht und angesichts der Unbarmherzigkeit des Todes ist die Schwelle zur Leichtgläubigkeit niedrig. Darum bin ich dankbar, dass sich die Jün-ger so schwer tun mit dem Glauben an den Auferstandenen. 
  • Träumen wir in dieser Nacht? - Ja wir träumen! Doch dieser Traum birgt Zu-kunft:
  • Jesus ist nicht im Tod geblieben, er ist auferstanden. Er lebt – und auch wir werden leben.



Der Mann, der die Bäume pflanzte

Ein älterer Mann in Frankreich. Seine Frau ist gestorben, dann auch noch sein Sohn. Wofür soll er jetzt noch leben?

Er lässt seinen Bauernhof in einer fruchtbaren Ebene zurück. Nur fünfzig Schafe nimmt er mit. Er zieht in eine trostlose Gegend in die Cevennen, fast eine Wüstenlandschaft. Dort kann er vielleicht vergessen. Weit verstreut liegen fünf Dörfer mit zerfallenen Häusern. Die Menschen streiten sich; viele ziehen fort. Da erkennt dieser ältere Mann: diese Landschaft wird ganz absterben, wenn hier keine – Bäume wachsen!
Immer wieder besorgt er sich einen Sack mit Eicheln. Die kleinen sortiert er aus, auch die mit Rissen wirft er fort. Die guten kräftigen Eicheln legt er in einen Eimer mit Wasser, damit sie sich richtig voll saugen. Er nimmt noch einen Eisenstab mit, dann zieht er los. Hier und dort stößt er den Eisenstab in die Erde, legt eine Eichel hinein. 

Nach drei Jahren hat er auf diese Weise hunderttausend Eicheln gesetzt. Er hofft, dass zehntausend treiben. Und er hofft, dass Gott ihm noch ein paar Jahre schenkt, so weitermachen zu können. 

Als er im Jahre 1947 im Alter von 89 Jahren stirbt, hat er einen der schönsten Wälder Frankreichs geschaffen. Da gibt es je einen Eichenwald von elf Kilometern Länge und drei Kilometern Breite an drei verschiedenen Stellen!

Und was sonst noch geschehen ist? Die unzähligen Wurzeln halten jetzt den Regen fest, saugen Wasser an. In den Bächen fließt wieder Wasser. Es können wieder Weiden, Wiesen, Blumen wachsen. Die Vögel kommen zurück. Selbst in den Dörfern verändert sich alles: die Häuser werden wieder aufgebaut, angestrichen. Alle haben wieder Lust am Leben, freuen sich, feiern Feste. Keiner weiß, wem sie das zu verdanken haben, wer die Luft, die ganze Atmosphäre geändert hat.                                                                           www.hospiz-verein-bergstrasse.de